Kurze Wege für den Klimaschutz
Während wir Philosophen noch streiten, ob die Welt überhaupt existiert, geht um uns herum die Natur zu Grunde.
Karl Raimund Popper, österreichisch-britischer Philosoph und Soziologe, 1902 – 1994
- Zahlen zur Lebensmittelverschwendung
- Warum werfen wir so viel weg?
- Was kann ich dagegen tun?
- Der Kühlschrank
- Das Mindesthaltbarkeitsdatum
- Unser Projekt
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Zahlen zur Lebensmittelverschwendung
In deutschen Privathaushalten werden jährlich pro Kopf 81,6 Kilogramm Lebensmittel weggeworfen. Um diese Menge zu erzeugen, wäre eine Anbaufläche von ungefähr 2,4 Millionen Hektar notwendig, die Fläche Mecklenburg-Vorpommerns. Weitere 56 Kilogramm Lebensmittel pro Kopf und Jahr gehen bei Industrie, Handel und Großverbrauchern verloren. Genauere Untersuchungen dazu, welche Menge an Anbauprodukten vernichtet werden, weil sie nicht die Eigenschaften haben, die die Industrie benötigt, oder die die Verbraucherinnen und Verbraucher schön finden, stehen noch aus. Umfragen bei Landwirten und der Lebensmittelbranche deuten jedoch darauf hin, dass jeder zweite Salatkopf und jede zweite Kartoffel auf dem Acker bleiben und jedes fünfte Brot im Müll landet statt auf dem Tisch.
Weltweit werden jährlich rund 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel verschwendet. In Europa und Nordamerika betragen die Abfallmengen pro Kopf und Jahr 95 bis 115 Kilogramm, in Südasien, Südostasien und Subsahara-Afrika 6 bis 11 Kilogramm.
Insgesamt sind die Lebensmittelverluste in Industrieländern ähnlich hoch wie in den Entwicklungsländern, sie finden lediglich auf verschiedenen Wertschöpfungsstufen statt. So entsteht in den Entwicklungsländern mehr als 40% des Lebensmittelmülls nach der Ernte und bei der Verarbeitung. In den Industrieländern hingegen entstehen die Verluste zu mehr als 40% im Handel und auf Konsumentenebene. Die Menge an weggeworfenen Lebensmitteln auf Konsumentenebene in den Industrieländern (222 Mio. Tonnen) entspricht nahezu der Menge der gesamten Nahrungsmittelproduktion in Subsahara-Afrika (230 Mio. t).
Laut einer 2012 von der Uni Stuttgart veröffentlichten Studie über Lebensmittelabfälle werden in Deutschland pro Jahr knapp 11 Millionen Tonnen Lebensmittel von Industrie, Handel, Großverbrauchern und Privathaushalten entsorgt. Dabei entstehen 61% der Abfälle in den Privathaushalten, 17% bei den Großverbrauchern, weitere 17% in der Industrie und 5% im Handel.
Warum werfen wir so viel weg?
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Privathaushalte
Zu viel eingekauft: Oft werden Lebensmittel in zu großen Mengen eingekauft. Weil sie gerade im Angebot waren, weil es sie nur in großen Einheiten gibt oder weil für die ganze Woche auf Vorrat gekauft wurde und ohne konkrete Ideen, was daraus zubereitet werden soll. Manchmal ist der Kühlschrank einfach zu voll und das, was hintet liegt, gerät aus dem Blick. Mehr als zwei Drittel aller Supermarktkunden stehen ohne Einkaufszettel im Laden und kaufen ein, was ihnen gerade in den Blick gerät – ohne zu wissen, was und wann sie damit kochen möchten.
Falsch gelagert: Lebensmittel sind sehr sensible Produkte. Sie reagieren schnell mit Schimmel oder Fäulnis, wenn sie falsch aufbewahrt werden. Oft werden sie auf die Schnelle in den Kühlschrank gelegt, ohne auf die dort herrschenden Temperaturunterschiede zu achten. Oder sie werden, je nach Produkt, entweder nicht luftdicht oder zu luftdicht gelagert. Oder der Platz reicht nicht aus und das Obst oder Gemüse erdrückt sich gegenseitig.
Nicht ausreichend informiert: Viele Verbraucher denken, dass sie Produkte wegwerfen müssen, sobald diese das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht haben. Sie wissen nicht, dass dieses Datum nur die Garantie des Herstellers ist, dass bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Merkmale wie Farbe, Geschmack und Konsistenz gleich bleiben. Ist das Datum verstrichen, muss es nicht heißen, dass der Joghurt oder der Käse nicht mehr schmeckt und nicht mehr gut ist. Viele Verbraucher vertrauen ihrer eigenen Wahrnehmung aber nicht mehr und werfen lieber weg, anstatt zu riechen und zu probieren.
Zu viel gekocht: Nichts ist schlimmer, als sagen zu müssen: „Die Spaghetti sind alle, wenn du noch Hunger hast, dann iss ein Brot.“ Also kochen wir lieber immer ein bisschen mehr. Es sollen ja alle satt werden. Selbst wenn die Reste nicht gleich weggeworfen werden: Nach zwei Tagen im Kühlschrank sehen sie irgendwie komisch aus und werden dann doch entsorgt.
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Landwirtschaft
Produkte müssen Normen entsprechen: Bis zu 40 Prozent der Erntemenge erreicht nach einer Berechnung österreichischer Wissenschaftler nicht den Handel, geschweige denn den Verbraucher. In den Industrieländern liegt das daran, dass Lebensmittel aussortiert werden, die bestimmten Normen und Qualitätsmerkmalen nicht entsprechen. So pflügen einem Bericht des Worldwatch Instituts zufolge US-Farmer 20 Prozent der Melonenernte wieder unter, weil die Früchte keine perfekte Form haben oder kleine Makel aufweisen. Hinzu kommen häufig festgesetzte Quoten für bestimmte Produkte. Werden die erreicht, dann landet das, was darüber hinaus produziert wurde, auf dem Müll oder wird untergepflügt.
Schlechte Lagerung und unzureichender Transport: In ärmeren Ländern gehen vor allem Lebensmittel verloren, weil sie nicht richtig gelagert werden können oder weil es zu wenige Transportmöglichkeiten gibt, sodass die Produkte verderben, bevor sie in den Handel gelangen. Hinzu kommt Unkenntnis über den richtigen Erntezeitpunkt oder über Möglichkeiten, Lebensmittel haltbar zu machen. Im südlichen Afrika beispielsweise müssen bis zu drei Viertel der Süßkartoffelernte weggeworfen werden, weil alle gleichzeitig geerntet und die Stängel nicht entfernt wurden, statt einen Teil erst einmal im Boden zu lassen. In Pakistan hatten Bauern laut Worldwatch Institut 70 Prozent weniger Verluste beim Getreide, als sie Jutesäcke und Lehmkonstruktionen gegen Metallcontainer austauschten.
Vom Wetter abhängig: Alle Landwirte, ob im Süden oder Norden, sind natürlich dem Wetter ausgesetzt. Naturkatastrophen führen unter Umständen zu einem kompletten Ernteausfall, was in den Entwicklungsländern existenzbedrohend ist, im Norden dagegen oft durch staatliche Zahlungen kompensiert wird.
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Industrie und Handel
Verarbeitung: Eine unbekannte Menge an Lebensmitteln geht in der verarbeitenden Industrie verloren. Fischfilets, die alle auf eine bestimmte Normgröße zugeschnitten werden, und Kartoffeln, die zu identischen Pommes frites gehäckselt werden, führen zu hohen Verlusten von eigentlich noch Essbarem. Einem EU-Bericht zufolge ist die Industrie für knapp 40 Prozent des Lebensmittelmülls verantwortlich. Da allerdings unvermeidliche Abfälle wie Schalen, Gräten und Strünke nicht herausgerechnet wurden, ist diese Zahl nur eingeschränkt aussagekräftig.
Transport: In vielen Entwicklungsländern gehen Nahrungsmittel verloren, weil sie wegen mangelnder Infrastruktur nicht rechtzeitig auf den Markt oder zu den Händlern gebracht werden können. In den Industriestaaten werden Lebensmittel häufig über Tausende von Kilometern in gekühlten Lkws transportiert. Fällt unterwegs auch nur für eine Stunde die Kühlung aus, wird der ganze Inhalt des Containers entsorgt. Entstehen an einzelnen Früchten Druckstellen, werden oft ganze Steigen oder Paletten entsorgt, weil es sich finanziell nicht lohnt, diese auszusortieren.
Handel: Dass eigentlich noch genießbare Lebensmittel von den Supermärkten und Lebensmittelhändlern entsorgt werden, hat viele Gründe. Wenn zum Beispiel zu viel eingekauft wurde und die Produkte nicht vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums Käufer gefunden haben. Oder wenn das Sortiment plötzlich gewechselt wird und statt der einen nur noch die andere Kekssorte verkauft werden soll. Wenn Lebensmittel plötzlich in einer neuen Verpackung auf den Markt kommen, werden die in der alten Hülle oft aussortiert. Schoko-Osterhasen werden nach Ostern erst im Preis reduziert und später weggeworfen. Auch fehlerhafte Etiketten, falsche Inhaltsmengen oder Beschädigungen beim Transport sind Gründe, weshalb Händler Produkte wegwerfen.Hinzu kommt: Der Einzelhandel kauft keine einzelnen Tüten, Gläser und Dosen von Produkten, sondern in größeren zusammengepackten Stückzahlen, sogenannten „Gebinden“. Ist eine Tüte Milch beschädigt, wandert unter Umständen das ganze Gebinde in den Müll.
Auch Verbraucher tragen einiges dazu bei, dass der Handel Lebensmittel wegwirft. Sie erwarten von Bäckereien, dass sie den ganzen Tag verschiedene Brot- und Kuchensorten vorhalten, weshalb diese abends dann Berge ihrer liegen gebliebenen Ware entsorgen. Obst und Gemüse darf keine Flecken haben und Joghurts, deren Haltbarkeitsdatum am nächsten Tag abläuft, will auch keiner haben. Die werden deshalb häufig schon zwei Tage vor dem Stichtag aussortiert.
Was kann ich dagegen tun?
Einkaufszettel benutzen: Die beste Vorsorge: Gute Planung und ein regelmäßiger Blick in den Kühlschrank. Isst man außer Haus? Kommt Besuch? Alles was benötigt wird, kommt auf den Einkaufszettel!
Zeit nehmen: Die Auswahl an Lebensmitteln ist verführerisch. Sonderangebote und überfüllte Regale verlocken zum Zugreifen, gerade wenn man hungrig und gehetzt einkauft. Stattdessen: Zeit nehmen, Preise und Qualität in Ruhe vergleichen.
Bewusst auswählen: Wir können auch dazu beitragen, die Abfallmengen im Handel zu reduzieren. Äpfel mit kleinen Macken schmecken nicht schlechter als andere. Ein Brot vom Vortag kann auch übermorgen noch lecker sein. Das spart zudem Geld: Oft gibt es Waren, die bald aussortiert werden, günstiger.
Packungsgrößen beachten: XXL-Angebote locken mit günstigen Preisen, kommen uns und die Umwelt aber teuer zu stehen, wenn die Hälfte in den Müll wandert. Gerade Single-Haushalte sollten gleich zu kleineren Packungen greifen.
Reste verwerfen: Nicht immer lassen sich Reste vermeiden. Übrig gebliebenes Essen lässt sich einfrieren oder kommt, gut verpackt, in den Kühlschrank.
Auf die richtige Lagerung achten: Lebensmittel müssen richtig lagern. Kartoffeln lieben es dunkel und trocken. Brot bleibt in eine Box länger frisch. Geöffnetes sollte man in dicht schließende Behälter umfüllen. Äpfel und Tomaten setzen Ethylen frei, dadurch reifen andere Obstsorten schneller; sie sollten also separat gelagert werden.
Maßvoll bestellen: Bei Veranstaltungen und im Restaurant fallen deutlich weniger Abfälle an, wenn auf das Buffet verzichtet und à la carte bestellt wird. Was übrig bleibt, kann man sich einpacken lassen.
Der Kühlschrank
Was gehört wo hin?
In einem Kühlschrank finden sich unterschiedliche Klimazonen. Da die Wärme von unten nach oben steigt, befinden sich die kühlsten Fächer immer unten. Mann sollte wissen, welche Lebensmittel in die verschiedenen Zonen gehören, denn das ist wichtig für deren Haltbarkeit. Einige brauchen es kühler als andere und manche gehören sogar überhaupt nicht in den Kühlschrank.
Das Mindesthaltbarkeitsdatum
Nur weil sie abgelaufen sind, sind Lebensmittel noch nicht ungenießbar. Was aber bedeutet das Mindesthaltbarkeitsdatum dann? Und was unterscheidet es vom Verfallsdatum?
Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Wegwerfdatum. Es zeigt, wie lange ein Produkt mindestens seine typischen Eigenschaften behält. Was gut schmeckt, gut richt und gut aussieht, ist in aller Regel auch noch gut. Anders sieht es beim Verbrauchsdatum von leicht verderblichen Produkten wie z.B. Hackfleisch aus. Ist es überschritten, sollte das Produkt weggeworfen werden.
Milch ist der Verbraucherzentrale Hamburg zufolge in einer ungeöffneten Verpackung noch rund drei Tage nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums genießbar. Auch Milchprodukte und Wurst sind ungeöffnet oft noch mehrere Tage haltbar.
Eier können noch bis zu zwei Wochen später verwendet werden – allerdings lieber zum Kochen und Backen und nicht roh, etwa für Tiramisu.
Mehl, Reis, Getreide, Kaffee und Nudeln können mehrere Monate nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums genutzt werden, wenn sie trocken gelagert werden. Dasselbe gilt z.B. auch für Marmelade, Saft, Bier oder Wein.
Auf den Packungen einiger lange haltbarer Lebensmittel, z.B. bei Salz, Zucker und Essig, muss aufgrund einer EU-Verordnung gar kein Mindesthaltbarkeitsdatum mehr stehen.
„Bekämpfung des Klimawandels durch Minderung der Nahrungsmittelverschwendung innerhalb der Studentensiedlung am Seepark“
Mit dem Förderaufruf „Kurze Wege für den Klimaschutz“ fördert das Bundesumweltministerium im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) Projekte, die Angebote zur Realisierung klimaschonender Alltagshandlungen auf Nachbarschaftsebene bieten.
Die Nahrungsmittelproduktion stellt weltweit einen der bedeutendsten und zugleich ressourcenintensivsten Wirtschaftsbereiche dar. Um die Verschwendung von Nahrungsmitteln zu verringern, verarbeiten wir einmal pro Woche Lebensmittel, welche von den Supermärkten nicht mehr verkauft werden können. Hierfür arbeiten wir eng mit dem „Frischemarkt Danner“ zusammen. Zusätzlich werden Lebensmittel verarbeitet, die über Foodsharing-Portale angeboten werden.
Gemeinsames Kochen steht hier genauso im Fokus, wie der Austausch von Rezepten und der Austausch von Ideen, auf welche Weise die Verschwendung von Nahrungsmitteln verringert werden kann.
Wir brauchen DICH!
Um unsere Ideen realisieren zu können, brauchen wir viele engagierte Helfern, die auch das Bedürfnis haben, der Nahrungsmittelverschwendung ein Ende zu setzen. Denn nur gemeinsam können wir genug Leute auf unser Projekt aufmerksam machen und einen Teil dazu beitragen, dass Lebensmittel nicht als selbstverständliche Wegwerfware angesehen werden.
Wie kannst du helfen?
Du kannst gerettete Lebensmittel an verschiedenen Standorten abholen und in die StuSie bringen. Dazu musst du als „Foodsaver“ registriert sein. Wie das funktioniert erfährst du hier.
Außerdem kannst du dich mit uns zum Kochen treffen. Jeden Samstag werden wir in der neuen Küche des Gemeinschaftshauses (Haus 36) leckere Gerichte aus den geretteten Lebensmitteln zubereiten. Jeder StuSie-Bewohner ist danach herzlich eingeladen, gemeinsam mit uns zu essen (kostenfrei).
Wenn du also Lust hast zu lernen, wie man aus „Resten“ tolle Gerichte zaubert, dann bist du bei uns genau richtig. Dabei ist es ganz egal, ob du ein Anfänger in der Küche bist oder ein Profi-Koch. JEDER ist willkommen und jeder wird die Möglichkeit bekommen, den anderen Teilnehmern zu zeigen, wie er die Lebensmittel verarbeiten würde. Gemeinsam werden wir uns dann entscheiden, was wir wie zubereiten wollen. Auf diese Weise kann auch der begabteste Koch neue Erfahrungen machen.
Da die Gruppe nicht zu groß sein sollte, ist es unbedingt notwendig, dass du dich rechtzeitig anmeldest!